Dienstag, 20. Februar 2007

erregungshemmend

Mit steigender Körpertemperatur fällt die Erregungsfähigkeit. Bei Fieber ist mir viel egal. Ich lese ja, auch Aktuelles, aber ich rege mich nicht auf. Albern ist das Treiben meiner Mitmenschen, albern das eigene, auf das ich zurückblicke, und die Bösen sind böse wie eh und je. Was wären unsere Geschichten ohne die Bösen?

Gesund bin ich viel zu anspruchsvoll.
Der Staat verplempert Steuergelder? Na und - ich kann zufrieden sein, dass er mich leben lässt. Einigen wenigen, die man nicht kennt, gehört das Land; fast alle wuseln naiv zu deren Füßen? Na und, wann war es anders?

Nichts elender, als Moralist zu sein! Ich vergleiche die Welt mit Idealbildern (über die keineswegs Einigkeit mit irgendwem besteht) und bin unzufrieden, weil sie so anders ist. Statt mich über jeden Augenblick zu freuen, in dem das Leben nicht unmittelbar bedroht ist, kein Schmerz quält, kein Verlust zu betrauern ist. Mein Glück schuldet mir keiner. Selbst an einen Geliebten gerichtet, ist die Forderung, er solle mich glücklich machen, maßlos übertrieben. Wie dann erst Fremden gegenüber? So bleibt in Fieberstimmung nichts zu meckern übrig.

Außer vielleicht der Sprache, in der schöngeredet wird, was nicht schön ist, die uns begeistern soll für irgend einen Quatsch (etwa dass Deutschland mehr Millionäre brauche, um Weltniveau zu erreichen). Oder - alles kaputt redet. Wenn z.B., der lebenslange Streiter für das Gute über sich hören muss, sein Lebenswerk würde nun durch die Verleihung einer Medaille gekrönt.

Aber da mich Zeit und Spiegel, FAZ und taz, ARD und ZDF gar nicht persönlich anreden, nur vor sich hin brabbeln, da ich von keinerlei Würdigung bedroht bin und da meine Feinde selbst in eigener Sache vor Harmlosigkeit strotzen (etwa vom Gedicht raunen, statt zu sprechen), macht mir das wenig aus. Nervt nur ein bisschen - abnehmend mit steigender Temperatur. Das ist alles egal.

Wenn ich aber wieder raus gehe - dann treffe ich wirklich lebende Menschen, die mich richtig aufregen können. Bestimmt. [Dann nehme ich am Leben wieder teil, das heut und hierzland ein Spiel zu sein scheint.]

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