Mittwoch, 14. Februar 2007

Schule? nur zu Besuch

Dabei war die Bildung lange ein Grundrecht, das von neoliberalen Ideologen mit einem gewissen Respekt behandelt wurde.
Barth, Schöller: Der Lockruf der Stifter
Unser Sohn wird heute zehn Jahre alt. Er besucht die Grundschule. Aber nicht gern. In Berlin dauert die Grundschulzeit sechs Jahre. Es gibt eine Möglichkeit, nach der vierten Klasse auf das Gymnasium zu wechseln. Das hätte er gerne getan. Er langweilt sich. Aber er wird es nicht schaffen. Er nicht und sonst keiner aus seiner Klasse.

Seit Monaten ist die Klassenlehrerin krank. Auch andere Lehrer fehlen lange. Neue könne nicht eingestellt werden - die Planstellen sind besetzt. Statt dessen wechselnde Vertretungen. Die unterrichten irgendwas. Oder auch nichts. Lassen Bilder ausmalen, erzählen Geschichten.

Diese ganze vierte Klasse muss wohl wiederholt werden, zu Beginn der fünften wird der Stoff der vierten fehlen. Die Klassenziele können nicht erreicht werden. Die Schulleiterin weiß das, bemüht sich, Lehrer von anderen Schule auszuleihen, aber es klappt lang nicht. Die Eltern wissen Bescheid, verzweifeln und können nichts tun. Die Behörde ist im Bild und kann auch nichts tun, die Probleme seien überall gleich.

Wir können uns eine Privatschule nicht leisten. Die meisten anderen Eltern können das auch nicht. Wir leben in Neukölln. Berlin hat kein Geld. Schulpflicht gibt es, aber Schule eher nicht. Dass Berlin kein Geld hat, merkt man auf keiner Party. Aber es wirkt sich auf das Leben der Kinder aus, schreibt sich in die Biografien ein. Als Ungleichheit. Wer nicht vermögend ist, hat auch kaum Chancen. Jedenfalls nicht auf Schulbildung.

Freizeit gibt es jede Menge. Darum lernt unser Kind nun zu Hause. Anderes. Einen Computer benutzen, Filme bearbeiten. Den Dreisatz. Die griechische Mythologie. Man muss sich selbst helfen. Millionen wachsen so auf. Lernen, sich irgendwie durchzuschlagen.

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